Kleiner Crash-Kursus für Zeitungspraktikanten

Seit 30 Jahren habe ich in wechselnden Redaktionen mit Praktikanten zu tun. Einer von zehn ist richtig gut, das Arbeiten mit ihm oder ihr macht Spaß. Doch die meisten sind Schülerpraktikanten und zu jung und zu unerfahren oder – auch das gibt es – uninteressiert. Aber egal wer da kommt, alle brauchen eine kurze Einführung ins Zeitungsdeutsch und unsere hausinternen Regeln. Und deshalb kommt hier der kleine Leitfaden für Redaktionspraktikanten und für alle, die als Vereinsschriftwart oder Pressesprecher Mitteilungen schicken.

Datum schreiben: bitte immer 1. April, niemals 1. April 2012. Denn warum sollten wir etwas für das Jahr 2011 ankündigen, das ist längst vorbei, oder für das Jahr 2013, das ist noch viel zu lange hin.

Zahlen bis einschließlich zwölf ausschreiben, danach mit Ziffern. Ich weiß nicht warum, ist aber so.

Wer einen Text mit „Am 21. März um 15 Uhr“ beginnt, verschweigt seinem Leser gleich ganz am Anfang, worum es geht. Deshalb: Fang den Text mit dem an, worum es geht, Datum und Uhrzeit können später kommen. Datum stets mit dem Wochentag dazu versehen und gerne noch mal in den Kalender gucken, ob der 23. wirklich ein Freitag ist.

Das Konzert beginnt um 19 Uhr im Konzertsaal, A-Straße 25 in B-Stadt. In Navi-Zeiten ist es eine prima Idee, zum Veranstaltungsort stets die Adresse anzugeben. Leserservice!

Der Vorsitzende konnte 40 Mitglieder begrüßen. Hat er nun oder hat er nicht? Dass er das kann wissen wir. Besser: Satz ganz weglassen, klingt zu sehr nach Vereinsprotokoll. Zahl der Anwesenden lässt sich, falls nötig, eleganter einflechten.

Der Verein X lädt zu seiner Jahreshauptversammlung ein. Eine Jahresversammlung ist eine Jahresversammlung und keine Jahreshauptversammlung. Das ist doppeltgemoppelt. Denkbar sind noch die Hauptversammlung oder die Mitgliederversammlung.

Der Verein lädt am Sonntag zum Frühschoppen ein. Wäre ein bisschen spät, dann erst einzuladen. Richtig: Der Verein lädt für Sonntag ein.

„Mit Karl Napf kommt ein bekannter Politiker nach X-Stadt.“ Ja, mit wem kommt denn Karl Napf nun? Besser: Karl Napf, ein bekannter Politiker, kommt nach X-Stadt.

X-Verein zieht positive Bilanz.  Eine Neuigkeit (die eine Nachricht und eine Schlagzeile erfordert) ist das aber nicht. Anders wäre es, wenn der Verein marode war und es ihm jetzt besser geht. Aber selbst dann lässt sich eine elegantere Schlagzeile finden.

Kurs und Kursus – Makramee lernt man im Volkshochschulkursus, der Seemann nimmt Kurs auf die Küste.

Für das leibliche Wohl ist gesorgt. Schlimme Phrase, wird nur noch getoppt von „Als Hauptpreis winkt ein halbes Schwein.“ Unbedingt streichen, ebenso wie Tanzbein schwingen. Da nehme ich doch mein Tanzbein in die Hand und schwinge es um mich herum.

Gratis und umsonst sind zweierlei. Kommentar schenke ich mir, einfach bei Sprachpingel nachgucken.

„Es ist wieder soweit“ ist kein wirklich spannender Einstieg für eine Ankündigungsmeldung. Schlimme Phrase, sofort streichen. Denn wenn es nicht so weit wäre, würden wir auch nicht darüber schreiben.

Telefonnummern, die abgeschrieben werden (kommt in Zeiten von E-Mails kaum noch vor), bitte mindestens zehn Mal überprüfen. Nichts ist schlimmer als eine falsche Nummer. Die armen Leute, die gar nichts mit einer Sache zu tun haben, aber am Tag des Erscheinens der Zeitung deshalb von 50, 60 oder gar 100 Leuten angerufen werden. Da nützt keine Entschuldigung etwas.

Und wenn Ihr all das beherzigt, macht Ihr Eurer Redaktion Freude und den Redakteuren das Leben ein bisschen leichter.

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